Laie
Ein Mann, der häufig mit bestimmten anderen Menschen verkehrt, sei es für gemeinsame Gespräche, Festmahle oder ganz allgemein, um gute Kameradschaft zu pflegen, muss entweder wie sie werden oder sie nach seinen eigenen Vorstellungen ändern. Denn wenn man eine erloschene Holzkohle neben eine glühende legt, löscht entweder die erste die zweite aus oder die Zweite entzündet die erste. Da die Gefahr so große ist, sollten wir solche Beziehungen mit Laien sehr vorsichtig eingehen und daran denken, dass es unmöglich ist, sich an jemandem zu reiben, der mit Ruß bedeckt ist, ohne selbst in den Genuss von etwas Ruß zu kommen.
– Epiktet, Unterredungen 3.16.1-3 –
Bis diese weisen Gedanken in dir verankert sind und du eine gewisse Stärke erlangt hast, dich selbst zu schützen, rate ich dir also, beim Betreten der Arena mit Uneingeweihten vorsichtig zu sein. Andernfalls wird das, was du im Lehrsaal aufgeschrieben hast, Tag für Tag dahinschmelzen, wie Wachs in der Sonne.
– Epiktet, Unterredungen 3.16.19 –
Nenne dich niemals einen Philosophen und sprich unter Laien auch möglichst nicht über die philosophischen Grundsätze, sondern handle ihnen entsprechend… Und wenn du in eine Diskussion von Laien über irgendeinen philosophischen Grundsatz gerätst, so schweige größtenteils; denn es besteht die große Gefahr, dass du sofort wieder von dir gibst, was du noch nicht verdaut hast. Und wenn jemand zu dir sagt, dass du nichts weißt, und du dich von dem Spott nicht gekränkt fühlst, dann wisse, dass du vorankommst. Schafe würgen nicht das Gras hervor, um dem Schäfer zu zeigen, wie viel sie gefressen haben, sondern sie verdauen in ihrem Innern das Gras und erzeugen dann außen Wolle und Milch. Also gilt auch für dich: Stelle vor Ungebildeten nicht die Lehrsätze zur Schau, sondern zeige die Handlungen, die sich aus ihnen ergeben, nachdem du sie verdaut hast.
– Epiktet, Handbüchlein der Moral 46 –